Mit der Veröffentlichung der vorläufigen Netzentgelte für das Jahr 2025 am 15. Oktober sollten Energievertriebe jetzt prüfen, wie sich diese auf die Strompreise auswirken und welche Schritte zur Preisanpassung erforderlich sind.
Die Netzentgelte machen derzeit 20 bis 25 Prozent der Stromkosten aus und haben damit direkten Einfluss auf die Endpreise für Verbraucher. Änderungen in diesem Bereich erfordern meist eine formelle Preisanpassung inklusive der Einräumung eines Sonderkündigungsrechts gemäß § 41 Abs. 5 EnWG.
Energievertriebe sollten sicherstellen, dass sie rechtzeitig informieren und die gesetzlichen Vorgaben beachten, um rechtliche Risiken zu vermeiden.
Nachdem die Übertragungs- und Fernleitungsnetzbetreiber ihre Entgelte für 2025 beziehungsweise einen Teil der Umlagen bis Anfang Oktober veröffentlicht haben, hat unser Kooperationspartner, die GET AG, erste Preisblätter der Verteilnetzbetreiber untersucht:
Kaum ein Netzbetreiber hält demnach die Entgelte konstant. Gemäß der vorläufigen Indikation müssen Gaskunden zu einem großen Teil mit deutlich höheren Kosten ab dem kommenden Jahr rechnen. In einem Netzgebiet verdoppeln sich die Entgelte für Haushalts- oder Gewerbekunden sogar fast.
Dagegen werden vielerorts Kunden in Stromverteilernetzen ab dem nächsten Jahr entlastet: Haushaltskunden im Niederspannungsnetz der WEMAG z.B. um rund 38 Prozent.
Wer für seine Tarifkalkulation keine Änderung der vorläufigen oder endgültigen Strom- und Gasnetzentgelte für 2025 verpassen will, kann sich bei der GET AG auf dem Laufenden halten und unverbindlich Daten sowie Services anfragen: https://lp.get-ag.com/de/de/netzentgelte2025
Gestiegene oder gesenkte Netzentgelte können – anders als zum Beispiel die Änderung der Umsatzsteuer – nicht einfach automatisch an die Endkunden weiterberechnet werden.
Um hier für mehr Durchblick und Rechtssicherheit zu sorgen, hat der Gesetzgeber vor einiger Zeit in § 41 Abs. 6 EnWG klargestellt, in welchen Fällen eine unveränderte Weitergabe von Preisbestandteilen gestattet ist:
Bei unveränderter Weitergabe von umsatzsteuerlichen Mehr- oder Minderbelastungen, die sich aus einer gesetzlichen Änderung der geltenden Umsatzsteuersätze ergeben, sowie bei unveränderter Weitergabe von Minderbelastungen aufgrund einer Absenkung des Saldos der Kalkulationsbestandteile nach § 40 Absatz 3 Nummer 3 oder Nummer 5, bedarf es keiner Unterrichtung nach Absatz 5 Satz 1 und 2; dabei entsteht kein außerordentliches Kündigungsrecht nach Absatz 5 Satz 4.
Ein besonderes Augenmerk sollte hier bei der Weitergabe von geänderten Netzentgelten auf das Wörtchen „oder“ gelegt werden. Denn in § 40 Absatz 3 Nummer 4 EnWG werden die Netzentgelte und Messentgelte als Kalkulationsbestandteile genannt, die u.a. in Rechnungen auszuweisen sind:
(3) Energielieferanten sind verpflichtet, in den Rechnungen folgende Belastungen gesondert auszuweisen, soweit sie Kalkulationsbestandteile der in die Rechnung einfließenden Preise sind:
(…)
4. jeweils gesondert die Netzentgelte und, soweit sie Gegenstand des Liefervertrages sind, die Entgelte des Messstellenbetreibers oder des Betreibers von Energieversorgungsnetzen für den Messstellenbetrieb und die Messung.
(…)
Es mag Energielieferanten geben, die auf der Basis einer sog. separierten Preisanpassungsklausel die Netzentgelte als durchlaufende, nicht beeinflussbare Kostenposition auch ohne Preisanpassung weitergeben. Vor dem Hintergrund der oben aufgezeigten Normenkette sollte aber wenigstens bekannt sein, dass diese Praxis ein Risiko in Bezug auf eine verdeckte und damit unwirksame Preisanpassung birgt.
Dieses Risiko könnte zukünftig durch die Novellierung des EnWG im Hinblick auf die Anpassung von Netzentgelten und Messentgelten beseitigt werden. Der aktuelle Referentenentwurf zur Novellierung u.a. des EnWG sieht in Bezug auf § 41 Abs. 6 EnWG-Ref-E vor, dass gesunkene (Achtung: nicht erhöhte!) Netz- und Messentgelte als unveränderte Durchlaufposten an die Kunden weitergegeben werden können, ohne dass hierfür eine Preisanpassung durchgeführt werden muss.
Diese bedeutungsvolle Neu-Regelung ergibt sich im Referentenentwurf gut versteckt durch den Vorschlag des Austauschs eines kleinen Wörtchens: statt „oder“ durch „bis“ in § 40 Abs. 3 EnWG:
(6) Bei unveränderter Weitergabe von umsatzsteuerlichen Mehr- oder Minderbelastungen, die sich aus einer gesetzlichen Änderung der geltenden Umsatzsteuersätze ergeben, sowie bei unveränderter Weitergabe von Minderbelastungen aufgrund einer Absenkung des Saldos der Kalkulationsbestandteile nach § 40 Absatz 3 Nummer 3 bis Nummer 5, bedarf es keiner Unterrichtung nach Absatz 5 Satz 1 und 2; dabei entsteht kein außerordentliches Kündigungsrecht nach Absatz 5 Satz 4.
Eine Übersicht zu den geplanten Änderungen aus dem Referentenentwurf, die den Energievertrieb und die Gestaltung von dynamischen Tarifen betreffen, können Sie sich gerne hier downloaden.
Insgesamt ist die geplante Gesetzes-Änderung begrüßenswert. Denn die jährlich zum 1. Januar sich ändernden Netzentgelte beinhalten ein für den Energievertrieb wiederkehrendes Kalkulationsrisiko, welches letztlich auch die Gewährung von Preissicherheiten behindert.
Um für mehr Klarheit zu sorgen und auch auf die zunehmend variablen Netzentgelte durch die Regelungen gemäß § 14a EnWG eingehen zu können, wäre es sinnvoll, nicht nur Minderbelastungen, sondern auch Mehrbelastungen in Bezug auf die Netz- und Messentgelte im Strombereich weitergeben zu können. Auch diese Posten sind für den Vertrieb nicht beeinflussbar. In diesen Fällen hat der Vertrieb keine selbst veranlasste Preisänderung vorgenommen, sondern lediglich die staatlich oder regulatorisch veranlassten Kostenbestandteile weitergereicht, was im Ergebnis kein Sonderkündigungsrecht des Kunden rechtfertigt.
Zusätzlich sollte die Novellierung des EnWG auch Regelungen beinhalten, die auch für veränderte Konzessionsabgaben und Energiesteuer gelten, die ebenfalls von Vertrieb und Netz nicht beeinflussbar sind und als reine Durchlaufposten an die Kunden weitergegeben werden.
Energievertriebe sollten sich in diesen Tagen intensiv mit der Notwendigkeit von Preisanpassungen im Zuge der veränderten Netzentgelte auseinandersetzen und rechtzeitig vor Ablauf der Mitteilungsfristen für Preisänderungen die richtigen Schritte planen und Gesamtsaldierungen der diversen Preisbestandteile durchführen.
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